Die Homo-Ehe. Oder: Was ist ein Grundrecht?

Die saarländische Ministerpräsidentin lehnt die Homo-Ehe mit der Begründung ab, dass dann irgendwann auch Inzest legalisiert werden könnte. Was das miteinander zu tun haben soll, ist nicht ganz klar. Vor Allem verkennt Frau Kramp-Karrenbauer das Wesen von Grundrechten.

Ein ganz wesentliches Grundrecht steht nicht im deutschen Grundgesetz, vermutlich weil es so selbstverständlich ist: Die Gleichheit. Das kann nun alles oder nichts heißen, aber was es in Bezug auf Grundrechte bedeutet macht der großartige Satz von Thomas Jefferson klar, der den Kern der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung bildet:

Wir halten es für eine sich selbst beweisende Tatsache, dass alle Menschen gleich [geschaffen] sind und dass sie [von ihrem Schöpfer] mit gewissen unverwirkbaren Rechten ausgestattet sind und dass zu diesen Rechten das Leben, die Freiheit und das Streben nach Glück gehören.

Hier steht die Gleichheit erstens noch vor den Kernrechten und es ist klar, dass alle Menschen mit den gleichen Rechten ausgestattet sind, wenn sie auf die Welt kommen. Ob das Folge einer Schöpfung ist, lassen wir dahingestellt. Entscheidend ist: Alle Menschen sind mit den gleichen unverwirkbaren Rechten ausgestattet. Punkt. Wobei das mit dem „ausgestattet sein“ durchaus wörtlich zu nehmen ist: Ein Grundrecht ist immer immateriell, es wohnt dem Menschen inne. Deswegen können selbst so grundlegende materielle Dinge wie Wasser, Nahrung, Kleidung und ein Dach über dem Kopf keine Grundrechte sein, der Mensch hat sie ja nun nicht bei Geburt. Daraus folgt auch: Ein Staat oder sonst irgendwer kann Grundrechte nicht „geben“ oder „verleihen“. Er kann sie höchstens vorenthalten.

Insoferngeht es im aktuellen Fall auch nicht darum, irgendwem das Recht auf Ehe zu geben, sondern einen Missstand zu beseitigen: Den, dass das Recht auf Heirat einer Personengruppe bisher vorenthalten wurde. Da ist auch der Verweis auf den Schutz der Ehe im Grundgesetz nicht zielführend. Sollte der tatsächlich so gemeint sein, dass Homosexuelle nicht heiraten dürfen – und es ist keineswegs sicher, dass der so gemeint ist –  wäre das Grundgesetz in diesem Punkt ein Produkt des Zeitgeistes von 1949 und nicht Ausdruck übergeordneter Rechte und damit hinfällig.

Gleichheit heißt: Entweder alle, oder niemand. Da selbst Frau Kramp-Karrenbauer und erhebliche Teile der CDU/CSU nicht ernsthaft in Frage stellen werden, dass es keine Ehe mehr geben soll, heißt dass, das wir gar nicht anders können, als aufzuhören, diese Homosexuellen vorzuenthalten.

Was etwas komplett anderes ist, als das Inzestverbot. Das hat nun mal profunde biologische Gründe: Hier kann ein mögliches Kind echten, biologischen Schaden nehmen, vor dem es geschützt werden muss! Damit hat das Inzestverbot mit Blick auf Gleicheit und Homoehe eine spannende Konsequenz: Wenn ein Bruder seine Schwester nicht lieben darf, darf dann eben auch ein Bruder einen Bruder nicht lieben, selbst wenn bei dieser Verbindung keine missgebildeten Kinder enstehen können. Genauso, wie andersherum jede Ehe Recht (mit großem R) ist, auch wenn aus ihr keine Kinder hervorgehen können.

Ein Gedanke zu „Die Homo-Ehe. Oder: Was ist ein Grundrecht?

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